Würde mich jemand fragen, was ich mir von meinen Tinder-Dates wünschen würde, so wäre meine Antwort ein bisschen mehr aufrichtige Dankbarkeit. Denn es ist doch so: Wer Tinder für „ernsthaftes“ Dating nutzt, der kann sich ja gemeinhin schon überaus glücklich schätzen, wenn er schlussendlich jemanden trifft, von dem er voller Frohsinn behaupten kann: Ja, mit Dir würde ich gern noch einen weiteren Kaffee trinken gehen. Du bist mir sympathisch.
Es ist doch totaler Irrsinn, dass Menschen ernsthaft daran glauben, direkt die Liebe ihres Lebens über eine solche Plattform finden zu können. Natürlich, kann das passieren. Aber schon mal überlegt, bei wie vielen Dates es genau NICHT so sein wird? Da ist es doch ein ungemeiner Zugewinn, wenn wir wirklich nach einem ersten Kennenlernen freudigen Schrittes nach Hause gehen und den Gedanken bei uns tragen, einem netten Menschen begegnet zu sein.
Warum um alles in der Welt, meldet sich dann keiner mehr? Also, wenn es doch ganz nett war? Ghosting ist ja generell so eine Sache für sich, aber vor allem dann ziemlich daneben, wenn man sich doch eigentlich ganz wohl gefühlt hat mit seinem Date. Dann gebührt es doch einmal mehr der Höflichkeit, unserem Gegenüber ein kurzes Feedback zu hinterlassen. Tja, was für eine Traumvorstellung. Und das selbst noch immer nach über zwei Jahren Tinder-Dates.
Mein letztes Tinder-Date war Jonas. Ende Zwanzig, ein kleiner Nerd, aber das finde ich üblicher Weise ganz charmant. Gut schreiben konnte der Typ und so erfreute ich mich an seiner Frage nach einem gemeinsamen Kaffee. Leider war Jonas dann in Echt nicht mehr ganz so der optische Traum, den ich mir gemeinhin so vorstelle. Aber: Ich habe eine goldene Regel für all meine Dates. Ein Getränk schulde ich jedem. Und um dieses war ich bei Jonas mehr als dankbar. Denn wie bereits in unserer schriftlichen Konversation verstanden wir uns auch bei Kaffee und Kuchen sehr gut und hatten einiges mit einander zu lachen. Ein schöner Nachmittag.
Vor allem aber überraschend, denn Jonas schien recht ungeniert im Daten zu sein. So hatte er sich bereits per Tinder schon mal eine Dusche klar gemacht, als bei ihm Baumaßnahmen stattfanden und er erzählte mir zudem, dass er auch dem männlichen Geschlecht nicht abgeneigt sei. Hui. Der erste Typ, der mir bei einem Tinder-Date von seiner Bisexualität erzählt. Ich war überrascht und auch ein wenig neugierig, was Jonas wohl noch so zu erzählen hatte. Nach einigen Stunden des Plauschens verabschiedeten wir uns. Es war genau solch ein Date, wie ich es eingangs versuchte zu umschreiben: Schön, gelungen und auch wenn es nie mehr werden würde mit Jonas, so war ich überaus dankbar um seine Bekanntschaft.
Doch damit nicht genug. Jonas, der Überraschungs-Typ, war noch für eine weitere Premiere gut. Denn nach unserem Date schrieben wir noch ein bisschen, er verriet mir zwei Wochen später, dass er jemanden kennengelernt hat und ergänzte: Aber nichtsdestotrotz fand ich es schön mit Dir, Franzi. Ich würde mich freuen, wenn wir irgendwann nochmal einen Kaffee trinken gehen würden. Wow. Toller Typ.