Die Popkultur, so wie wir sie heute kennen, ist Bestandteil populärer Kultur. Diese spezielle Form westlicher Kultur wird gerne als massentauglich, kommerzialisiert und manchmal als von geringer Qualität definiert. Die Epoche populärer Kultur begann bereits im 19. Jahrhundert und ist unmittelbar mit modernen, bürgerlichen Gesellschaften verknüpft. Die fortschreitende Freiheit hat zur Loslösung von der Hochkultur der Eliten geführt und Massenkulturen geschaffen.
Von der Gegenkultur zum Mainstream
Mitte des 20. Jahrhunderts nahm diese Entwicklung gewaltig an Fahrt auf. Der Rock´n Roll der fünfziger Jahre löste eine nie gekannte Transformation bei Musik, Film, Mode und Medien aus. Doch die ursprünglich subversive Gegenbewegung entwickelte sich zum Massenphänomen und drang in alle Bereiche des täglichen Lebens vor. Seither tobt die öffentlich Diskussion, ob es sich dabei lediglich um „Wegwerfware“ oder doch um einen wesentlichen kulturellen Beitrag zu Weiterentwicklung unserer Gesellschaft handelt.
Trends kommen und gehen, das Tempo der Veränderung, zieht spätestens seit dem Aufkommen der Sozialen Medien und dem „Zwang zur Selbstvermarktung“ durch Instagram, YouTube und Co. deutlich an. Die Popkultur ist scheinbar zu einer Rum-um-die-Uhr Entertainment-Maschine verkommen. Selbst Filmkulissen sind längst Ziel von Touristen geworden. Doch der erste Eindruck täuscht, auch die Popkultur hat ihre zeitlosen Meisterwerke, ungeachtet der Kommerzialisierung, auf Schiene gebracht.
Vorbild Star
Stars waren immer Vorbilder für ihre Fans, dieses Prinzip gilt seit Jahrzehnten. Wenn Doris Day in ihren berühmten Filmkomödien, wie „Ein Pyjama für zwei“ mit Partner Rock Hudson auftrat, bewunderten die Damen ihre Frisur und ihre Kleider. Wenn Sean Connery, wie im berühmten Film „Diamantenfieber“ beim Circus Circus Hotel vorfuhr, dann bewunderten die Fans seine Anzüge und den tollen Wagen. Diese Auftritte gingen zwar in die Filmgeschichte ein, das breite Publikum blieb jedoch von dieser Welt ausgeschlossen.
Das hat sich schlagartig geändert. Die Wirtschaft hat erkannt, dass Stars noch immer die besten Werbeträger sind. Vor allem, wenn sie sich in einer Welt bewegen, in der kein öffentlicher Auftritt unbemerkt, kommentiert und in Bild und Ton festgehalten wird. Heute treten Unternehmen aktiv an die Stars heran und bieten ihnen das Beste vom Besten kostenlos an.
Der Hintergedanke dabei liegt auf der Hand. Je öfter ein Star öffentlich das Produkt trägt, benutzt oder sogar lobt, desto stärker macht sich das in den Verkaufszahlen bemerkbar. Diesem Prinzip folgen auch die sogenannten Influenzer, die mit dem Aufkommen der sozialen Medien, gewissermaßen aus dem Nichts entstanden sind.
Sie ließen den berühmten Spruch des amerikanischen Pop Art-Künstlers Andy Warhol Realität werden: „In Zukunft wird jeder 15 Minuten weltberühmt sein.“
John Lennon hat sich geirrt
Das beste Beispiel für die Ambivalenz, mit der die Gesellschaft bis heute der Popkultur gegenübersteht, lieferte einer ihrer größten Vertreter gleich selbst. Als John Lennon seinem deutschen Studiomusiker Klaus Voormann, der fast der fünfte Beatle geworden wäre, 1971 zum ersten Mal den Song „Imagine“ vorspielte, war Voormann sofort davon überzeugt etwas ganz Großes gehört zu haben.
Er sagte zu Lennon: „Das werden die Leute auch in zehn Jahren noch hören.“. Der Ex-Beatle winkte ab und meinte nur: „Du übertreibst, das ist doch nur Rock´n Roll.“ So kann man sich irren. Jahrzehnte später wurde die Friedenshymne zum Song des Jahrhunderts gewählt und hat sich längst in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt.
Der schnelle Erfolg zählt
Diese Relevanz hat gerade die Musik längst verloren. Heute fungiert sie oft als Vehikel zum Kauf von Software, Autos oder Bekleidung. Die zentrale Identifikationsfunktion, die die Popszene früher ausfüllte, ist verschwunden. Schuld daran ist die Assimilierung durch den Mainstream. Er hat die Popkultur ihrer revolutionären Kraft beraubt. Dieser Prozess ist unaufhaltsam und wohl auch unumkehrbar. Wo früher der Wunsch hin zu einer besseren Gesellschaft im Vordergrund stand, ist heute an seine Stelle ein möglichst großes Bankkonto getreten.
Neue Trends, die an den Rändern der Popkultur entstehen, werden von der Industrie blitzschnell erkannt und in bare Münze verwandelt. Die künstlerische Unbestechlichkeit ist dadurch auf eine harte Probe gestellt. Die Provokation ist zur Marke verkommen und dient der Ankurbelung von Umsätzen. Die künstlerische Ambition wird dem Erfolg am Markt untergeordnet. Mitverantwortlich dafür ist auch eine Industrie, die ihren „Produkten“, egal ob es sich dabei um Schauspieler, Designer, oder Musiker handelt, keine Zeit mehr gibt sich zu entwickeln.
Die Beatles benötigten vier Platten, um ihren bis heute einzigartigen künstlerischen Lauf zu starten. Heute muss bereits die erste Veröffentlichung einschlagen, sonst ist es mit der Karriere vorbei. Wie lange sich diese Spirale noch weiterdrehen lässt, ist ungewiss. Andererseits fehlt es in einer Welt, in der viele als Karriereziel Star angeben, nicht an Nachwuchs, um den endlosen Hunger nach der nächsten kurzlebigen Sensation zu bedienen.
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