Hallo,
heute möchte ich euch von Essaouira erzählen, einer bezaubernden Hafenstadt an der marokkanischen Atlantikküste. Die charmante Medina ist Unesco-Weltkulturerbe, das Meer lädt zum Surfen ein und die Stadt selbst versprüht unendlich viel Gemütlichkeit. Außerdem: der Dezember eignet sich wunderbar für einen Besuch.
Die Stadt Essaouira – oder Es-sweera wie es klingt, wenn es der Marokkaner sagt, war mir vor meinem Besuch des nordafrikanischen Königreichs Marokko nie zuvor zu Ohren gekommen. Marrakesch, Casablanca, Fez, Agadir und Rabat ganz klar, aber von dem rund 85.000 Einwohner zählenden Städtchen, das etwa 200 Kilometer nördlich von Agadir liegt, hatte ich noch nichts gehört.
Plan meiner Marokko-Reise war daher, nur zwei Tage zu bleiben: eine Woche ist es schließlich geworden. Eine Woche, in der ich vollkommen entspannen konnte – und einfach mal nichts gemacht habe. Absolut nichts. Ich habe mich dem hingegeben, wofür Essaouira nun für mich steht: dem Charme, der Gelassenheit und dem gemütlichen „zur Ruhe kommen“. Das alles kann man in der marokkanischen Hafenstadt nämlich wunderbar: hier scheinen die Uhren langsamer zu ticken und auch die Bewohner tiefen entspannt zu sein …
Reicher kultureller Mix
Essaouira liegt an der Kreuzung zweier „Stämme“: dem arabischsprachigen Chiadma im Norden und den Haha-Berbern im Süden. Hinzu kommen die Gnawa, und die Europäer – sie alle machen den reichen kulturellen Mix Essaouiras aus. Sie verleihen der Stadt auch ihren besonderen orientalisch-europäischen Flair. Einst war Essaouira der größte Seehafen Marokkos und ein überaus wichtiger Handelsplatz. Während des 7. bis 10. Jahrhunderts regierten Berberstämme in der Region um Essaouira; Im 11. Jahrhundert kamen die Almoraviden an die Macht; Die Portugiesen eroberten im 15. und 16. Jahrhundert mehrere Küstenstädte am Atlantik – und begannen 1506 mit dem Bau von Hafenbefestigungen. Sie gaben der Festung an der Stelle des heutigen Essaouira wahrscheinlich auch den Namen Mogador. Heute wird nur noch die vorgelagerte Insel so bezeichnet. Die darf jedoch nicht betreten werden, da sie Vogelschutzgebiet ist.
Im 20. Jahrhundert verlor Essaouira, bis dahin wichtige Handels- und Hafenstadt, zunehmend an wirtschaftlicher Relevanz. Die kulturelle Bedeutung ist allerdings bis heute geblieben. In den 60er Jahren kamen zuerst die Hippies in die malerische Stadt, es folgten Aussteiger und Künstler, ebenso wie begeisterte Touristen, die sich von der Atlantik-Stadt mit den engen Gassen, der lebendigen Medina, dem Hafen und den schönen weiten Stränden verzaubern lassen wollen. Diesem Ruf bin auch ich gefolgt. In Essaouira habe ich es genossen, das marokkanische Leben zu beobachten, zu schreiben, zu plaudern, mich treiben zu lassen, endlose Strandspaziergänge zu unternehmen, durch die Medina mit ihren zahlreichen Kunstgalerien, Boutiquen und Cafés zu wandeln, frischen Fisch zu essen und viel Minztee zu trinken.
Die blau-weiße Medina ist UNESCO-Weltkulturerbe
Das absolute Highlight der Küstenstadt ist ihre charmante, wunderschön blau-weiße Medina, die durch die Stadtmauern aus dem 18. Jahrhundert geschützt ist. Seit dem Jahr 2001 zählt die gesamte Altstadt mit ihren Stadttoren zum Weltkulturerbe der UNESCO. Fast jeden Tag bin ich durch die nach Gewürzen duftende Medina mit ihren kleinen Gassen und von Palmen gesäumten Alleen gewandelt, habe die wunderschönen Türen fotografiert, den Menschen auf dem Markt beim Handeln zugeschaut und mich wieder und wieder in den schmalen Gassen verlaufen. Zu einem Ritual ist es geworden, auf der versteckten Dachterrasse des El Fath Cafés meinen Minztee zu trinken, über die weiß-blauen Dächer der Altstadt zu schauen, dem Ruf des Muezzin und den Schreien der Möwen zu lauschen, das Treiben auf dem Hafen zu beobachten, aufs Meer zu starren und dabei zu zusehen, wie die Sonne im Blau verschwindet. Sobald die Sonne dann über dem Atlantik untergegangen ist und Essaouira in ein warmes Licht getaucht hat, füllten sich die Straßen und Plätze der Stadt mit Menschen aus Essaouira, Marokko und der Welt. Ein entspanntes, gemütliches Miteinander, das ich allabendlich genossen habe …
Überhaupt wirkt alles sehr entspannt und überschaubar in Essaouira. Die Medina ist bei weitem nicht so groß wie die in Marrakesch, verlaufen kann man sich dennoch recht gut. Oder auch treiben und inspirieren lassen, was besser klingt als „verlaufen“ (-;
Die Einheimischen sind an Touristen gewöhnt, und helfen gern weiter, wenn man im Medina-Labyrinth in einer Sackgasse gelandet ist. Nach meiner Erfahrung begegnen sie Besuchern tolerant, gastfreundlich und interessiert. Ich fühlte mich stets willkommen, habe es dennoch genossen, dass die Stadt nicht mit Touristen überfüllt ist. Überfüllt ist Essaouira einzig mit einem – mit Katzen! Essaouira ist die Stadt der schnurrenden Vierbeiner. In der Medina und am Hafen sind die Tierchen allgegenwärtig.
Die Stadt des Windes
Übrigens: Bekannt ist die wunderschöne Küstenstadt auch als „Stadt des Windes“, den es hier im Überfluss gibt. Das ist wohl auch der Grund, der es Essaouira ermöglicht hat, ihre traditionelle Kultur und ihren Charakter beizubehalten. Denn der Wind weht fast das ganze Jahr über so stark, dass es unmöglich ist, am Strand entspannt sonnenzubaden. Das bedeutet, dass Essaouira von den Horden von Strand- und Badenixen umgangen wird und vor allem Kiter und Windsurfer anzieht. Wer die Stadt dahingegen ohne starke und frische Brise genießen möchte, der sollte sich am besten im November oder Dezember aufmachen, so wie ich es getan habe.
Einziges offensichtliches Manko Essaouiras, das Erwähnung finden sollte, ist die Verschmutzung und Plastikflut an den Stränden (übertragbar auf den Rest des Landes). So scheint Marokko zwar einerseits eine grüne Pionier-Nation zu sein, in der bis 2020 fast die Hälfte der Energie des Staates durch erneuerbare Energien (Windparks und Solarkraftwerke) bereitgestellt werden soll, und Plastiktüten bereits 2016 verboten wurden, andererseits sind die Strände stark durch Plastikmüll verdreckt.
Und dennoch: Sollte ich eines Tages planen einen Roman in der Ferne zu schreiben oder Inspiration suchen, dann würde ich mit Gewissheit nach Essaouira zurück kehren. Für mich ist diese Stadt definitiv eine der schönsten Küstenstädte Marokkos.
Meine Tipps:
Schlafen: Das Chill Art ist eines der gemütlichsten, gelassensten und freundlichsten Hostels, das ich je kennenlernen durfte. Gemeinschaft und Gastfreundschaft werden hier groß geschrieben, sei es beim gemeinsamen Musizieren, Plaudern oder Entspannen. Das Frühstück wird stets liebevoll und lecker zubereitet und die Künstler-Atmosphäre ist angenehm. Eingerichtet ist das Chill Art stilvoll und farbenfroh. Der Sonnenuntergang auf der Dachterrasse ist unschlagbar. Einzige Herausforderung: das Hostel ist schwer zu finden. Doch: wer die kleine, dunkle Gasse betreten und sich hindurchgewagt hat, wird mit einem liebevollen „Zuhause“ beglückt.
Essen: Chez Omar ist ein kleines marokkanisches Restaurant, das noch als Geheimtipp gilt und gern von Einheimischen besucht wird. Hier gibt’s gute und günstige, traditionelle Gerichte. Es empfiehlt sich ganz nach oben, auf die schlichte, doch nicht minder gemütliche Dachterrasse zu gehen. Meine persönliche kulinarische Empfehlung: das Berberomelett als Vorspeise, als Hauptgericht die vegetarische oder Fisch-Tagine und natürlich Minztee (tief verwurzelt in der marokkanischen Kultur und Gastfreundlichkeit).
Café-Ausblick: Ganz klar, das Hotel El Fath in der Skala Straße. Das Hotel hat eine kleine, versteckte Dachterrasse auf der Minztee, leckere Säfte und Smoothies serviert werden. Voll ist es hier selten und die Dachterrasse wird vor allem von Einheimischen frequentiert. Die Ruhe, der Ausblick und entspannte Atmosphäre, machen das kleine Dachcafé zu einem Geheimtipp. Und: Sitzen kann man hier (noch) so lange wie man will, ohne dass man genötigt wird die gesamte Karte zu bestellen (-;
Anreise: Der Flughafen Mogador-Essaouira liegt rund 16 km vom Zentrum der Stadt entfernt. Es verkehren regelmäßig Linienbusse nach und von Marrakesch und Agadir.

Hinweis // Die Marokko Reise habe ich komplett selbst bezahlt, die Recherche eigenständig organisiert und alle Empfehlungen sind privater Natur.
Eure Antje
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