Touri-Tinder-Falle Berlin. Am Wochenende ist der Online-Dating-Markt ein wahrliches Fest der Nationen – kunterbunt gemischt, scheint sich dann alles auf Tinder zu tummeln, was pünktlich zum Freitagabend seinen Weg in die Hauptstadt gefunden hat. Dem einen große Freude ist dabei ganz klar dem anderen immenses Problem. Wer ernsthafte Suchabsichten hegt, der lässt seinen Account besser bis Montagabend ruhen, denn andernfalls kann man wohl wirklich nur von reinster Zeitverschwendung sprechen.
Für gewöhnlich halte ich mich an jene Regel, denn auf einen Touri-One Night-Stand oder ähnliche Späße habe ich wirklich keinerlei Lust. Schlussendlich fällt es ja auch nicht schwer, denn zumeist sind meine Wochenenden ohnehin gut durch Freunde, Reisen oder andere Aktivitäten gefüllt. Hin und wieder passiert es aber natürlich dennoch, dass der ein oder andere S-Bahn-Weg für einen kurzen Blick auf die Flammen-App genutzt wird. Tja. Und da war er: Otto.
Nein, der heißt natürlich nicht in Echt so, aber mit diesem tollen Bild, muss der Name jetzt mal direkt herhalten. Otto´s Profil strahlt vor allem eines aus: Lebensfreude, denn es zeigt einen Endezwanziger Herren, der sich gern in der Natur bewegt, Bouldern geht, gern tanzt und augenscheinlich das Leben zu genießen weiß. Fazit: Ich mag Otto und erfreute mich sehr ob des sonntäglichen Matches. Wir begannen zu schreiben. Nett, witzig und unterhaltsam. Montagmorgen dann die Erkenntnis: Otto ist auf einmal 160km von mir entfernt. Hoppla. Dienstreise? Oder weshalb die Distanzänderung von 6 auf 160km?
Die Erklärung folgte prompt: Otto lebt eigentlich in Leipzig, ist allerdings nach eigener Angabe ein treuer Berlin-Stammgast, der die kurze Distanz zwischen den beiden Städten mit Freuden zu überwinden weiß. Aha. Was bedeutet das nun für unser Match? So ganz konnte ich seine Nachricht dahingehend nicht beurteilen. Wollte ich schlussendlich auch nicht, denn andernfalls hätte ich mich wohl mächtig geärgert, dass wir lediglich einen sympathischen Sonntags-Chat verbracht haben. Doch Otto schien das eher wenig zu sorgen: Er führte unseren Chat mit ausführlich-fragend-langen Nachrichten fort und so schrieben wir ab Dienstag per WhatsApp unseren kleinen Roman weiter. Auch fragte Otto nach möglichen Terminen eines Treffens, ich war verblüfft.
Nach wie vor schreiben wir unsere kleine Geschichte, lernen mehr und mehr über den anderen und suchen immer noch nach einem freien Wochenend-Tag. Da wir augenscheinlich beide gut im Kalender-Füllen sind, ist das nicht die einfachste Aufgabe. Umso gespannter bin ich nun, ob es wirklich noch mit einem realen Kennenlernen klappen wird? Man wird es sehen. Vielleicht komme ich bis dahin auch nicht umhin, ihn nach seinen Intentionen zu fragen, denn diesbezüglich erscheint mir Otto als ein kleines Mysterium: Wer lässt sein Match so lange schriftlich leben, ohne sich je gesehen zu haben bzw. mit dem Wissen, dass es einige Hürden in sich birgt?
Irgendwie kann ich mich trotz guter Unterhaltung noch nicht ganz von den Fragezeichen in meinem Kopf frei machen, dass Otto möglicherweise einen Haken haben könnte. Wir werden sehen.
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