Für den ersten Check unseres Gegenübers braucht es Sekunden. Seine Optik ist sofort gescannt und gemäß unseres Attraktivitätsspektrums bewertet. Mögen wir den Anblick, der sich uns bietet, ist Er oder Sie im Recall. Hallo Charakter.
Oder in meinem Fall: Hallo Dialekt, ich bin verliebt. Denn mein letzter Check passierte während eines kleinen Arbeitsausflugs, auf dem ich vor wenigen Tagen einem durchaus schnuckligen Österreicher begegnete. Ich bin einfach ein wahnsinniger Fan dieses Dialekts und klebe daher den Menschen aus unserem herzigen Nachbarland zumeist direkt an den Lippen. Vor allem, wenn ich dieser fabelhaften Sprachfärbung in Mitten Berlins begegne. Ein Traum.
Umso charmanter, dass es mein Schicksal auch nach dem Auftrag gut mit mir meinte und unsere Wege noch nicht direkt entzweite. Nein, eine ganze halbe Stunde schenke es mir, denn wir fuhren noch gemeinsam in der Ringbahn.
Alleine.
Ideale Recall-Bedingungen quasi. Der hübsche Österreicher beschrieb sich als waschechter Künstler mit facettenreichen Interessen, denen er unter anderem mit seinem just begonnenen Studium nachging. Selbstbewusst und lebensfroh berichtete er von seinem Alltag und beschrieb mir zugleich einen Charakter, der eben auch gut mit sich allein sein konnte. Schade, denn so sehr seine Augen auch strahlten, so wenig konnte ich diese auf mich wenden. Und so reichte schlussendlich auch eine halbe Runde um Berlin für das ernüchternde Fazit, dass dieser hübsche Mensch wohl einfach nur eine schöne Begegnung war.
Traurig? Keineswegs. Vielmehr bereichert um das Wissen, dass ich vielleicht öfter den Ringbahn-Check machen sollte.