AUSTRALIEN: AUF NACH MELBOURNE – DIE STADT DER ZUKUNFT?! | BY ANTJE WALDSCHMIDT

Hallo,

in einem meiner Beiträge habe ich euch Perth, die isolierteste Großstadt Australiens vorgestellt. Nun geht es vom Westen Australiens weiter in den Südosten des Landes, nämlich in die per Luftlinie rund 2.720 Kilometer entfernte Hauptstadt des Bundesstaates Victoria, nach Melbourne. Warum sich mir Melbourne als freundliche und weltoffene australische Stadt mit Zukunft gezeigt hat, möchte ich euch in diesem Beitrag erzählen.

Melbourne hat mich überrascht.

Wer kennt sie nicht die Rivalität von Sydney und Melbourne, den beiden großen australischen Metropolen? Eine jede rühmt sich die bessere, schönere, kosmopolitischere zu sein. Eine Jede möchte das Aushängeschild Australiens sein. Die Konkurrenz lag so tief, dass 1908 weder das schicke Sydney noch das hübsche Melbourne zur Hauptstadt des riesigen Landes bestimmt wurden, sondern erst eine komplett neue Stadt aus dem Nichts gestampft werden musste: Canberra. Eine absolute Planstadt, die am 9. Mai 1927 die alte Hauptstadt Melbourne ablöste, jedoch an Kultur, Schönheit und vor allem Geschichte keineswegs mit den zwei Küstenmetropolen Sydney und Melbourne konkurrieren kann. Doch eines hat sie: die alten Streithähne in die Schranken gewiesen!

Sonnenuntergang am Yarra Fluss

Nun aber wieder zurück zu den zwei Rivalinnen und zu ihrer Popularität – da hat es Sydney auf den ersten Blick einfacher. Schließlich ist einer der ersten Gedanken, die einen bezüglich Australien in den Kopf schießen, die Harbour Bridge, das berühmte Opernhaus und der trendige Bondi Beach. Der erste Punkt geht also eindeutig an Sydney! Doch ein zweiter Blick wendet das Blatt schnell, denn: Melbourne lebt! Melbourne boomt! Melbourne ist die Zukunft.

Die Stadt lebt wahrhaftig, aber welche Stadt tut das nicht? Nun ja, ich meine da etwas anderes, – etwas was mir in meiner viel zu kurzen Woche in Melbourne klar geworden ist: Diese Stadt ist ein wahrhaftiger Melting-Pot von Kulturen, Charakteren und Lebensbildern. Und das zeigt Melbourne auch unverblümt.

St Kilda

So habe ich in meiner guten Woche in Melbourne einer friedlichen Meditation der chinesischen Falun Gong Bewegung auf der belebten Swanston Street beigewohnt; Ich habe mit den freundlichen indischen Sikh auf dem belebten Federation Square an ihrem Kulturfest teilgenommen; Ich habe auf dem Queen-Victoria-Markt international gespeist; Ich habe in Melbournes Carlton – auch „Little Italy“ genannt – sizilianischen Käse genascht; Ich habe die Pauluskathedrale mit der wunderschönen neuen Glaspforte besucht und zugeschaut wie ein neues Community Mitglied aus Indien begrüßt wurde; Und ich habe stundenlang vor und in der schönen State Library of Victoria gesessen, inmitten von hunderten von jungen und alten Menschen – jeglicher Herkunft, Glaubens und sozialem Status – und habe bei inspirierender Straßenmusik und umgeben von Schach spielenden Melbournians und Touristen das kostenfreie WLAN genutzt.

Schachspieler vor der State Library VictoriaCBDJa, wenn man in Australien, in jenem Land, dessen Bevölkerung zu einem Viertel im Ausland geboren wurde, von einem Vielvölkerstaat spricht und an friedlichen Multikulturalismus denkt, dann schießt einem wahrscheinlich Melbourne in den Kopf!

Doch ich bin auch durch Melbournes belebte Straßen Bourke und Swanston gelaufen und habe die vielen Obdachlosen gesehen; Ich habe im Küstenviertel St Kilda die schönsten Villen erspäht und dort gleichzeitig die längsten Schlangen Bedürftiger vor den kirchlichen und sozialen Einrichtungen wahrgenommen; Und ich habe in der Bibliothek St Kildas dem Wutausbruch eines Obdachlosen beigewohnt, der jedoch äußerst freundlich ignoriert wurde.

Pier St KildaSt KildaLuna Park St KildaTja, Melbourne ist ein wahrer Melting Pot der Kulturen, Charaktere und Lebensstile und hat sich mir in meiner kurzen Woche entgegen meiner Erwartungen (damit beziehe ich mich auf mein negatives Bild Australiens, was die „neuere“ Abwehrpolitik bzgl. der Aufnahme von politischen Flüchtlingen betrifft sowie die „alte“ Politik und Aufarbeitung des Umgangs mit den Ureinwohnern Australiens – den Aboriginal People) sehr freundlich und weltoffen gezeigt.

Mit rund 4,7 Millionen Einwohnern hat Melbourne rund 300.000 weniger als die ewige Rivalin Sydney. Doch das wird sich voraussichtlich im Jahr 2021 ändern, wenn auch Melbourne die 5 Mio. Marke knackt. Dann wird Melbourne Sydney langsam aber sicher als einwohnerreichste Stadt ablösen. Denn während Sydneys Zuzug stagniert, da Mieten und Eigentum kaum noch bezahlbar sind, finden Neuankömmlinge in Melbournes Stadtrand noch eine Zukunft und die heißt: erschwinglicher Wohnraum!

Yarra RiverIch habe in Melbourne im CBD (Central Business District) im United Backpackers gewohnt, super zentral gelegen, nur fünf Gehminuten vom Herzen der Stadt entfernt. Das „Herz“ bezieht sich dabei auf den Federation Square, dem zentralen Platz Melbournes, an dem der Yarra Fluss gemächlich vorbeizieht. Toll an diesem Platz ist, dass hier jung und alt, groß und klein, Einheimische, Zugezogene und Touristen zusammen kommen! Zudem ist der prominenteste Treffpunkt der Melbournians nicht von Bankenbunkern oder staatlichen Prunkbauten zugebaut, sondern überzeugt mit Kunstinstallationen und Museen. Einzig gegenüber des Platzes befindet sich der alte pompöse Bahnhof Flinders Street.

Flinders Street StationMelbourne CBDIn meinen wenigen Tagen in der Innenstadt, sollte ein später Morgenlauf entlang des Yarra Flusses mit einem Abstecher in den dahinter gelegenen wunderschönen Royalen Botanischen Garten aus dem Jahr 1846 und dem Endziel des geselligen Federation Square zu meinem kurzen täglichen Melbourne-Ritual werden.

Doch es blieb nicht bei einem Ritual! Bei meinem zweiten abendlichen Besuch des indischen vegetarischen Restaurants OM in einer kleinen Nische der Wales Arkade, in der belebten Swanston Street versteckt, lernte ich den Melbournian Jeremy kennen. Ihm musste bereits vor mir aufgefallen sein, dass diese kleine sehr modeste indische Imbiss-Kette trotz der kulinarischen Vielfalt und Weltoffenheit der Stadt ein absoluter „Geheimtipp“ ist! Denn im OM bekommt man den wohl günstigsten vegetarischen ALL YOU CAN EAT THAALI der Stadt!

Wer also nicht nur indisches Essen mag, sondern auch noch einen guten Appetit hat wie den meinen, gern vegetarisch speist und mit einem niedrigen Budget unterwegs ist, der sollte zu Mittag oder Abend unbedingt im OM essen! Und keine Sorge, Melbournes Innenstadt versteckt 4 Filialen, für alle die, die doch ein wenig mehr Abwechslung mögen!

CBD MelbourneSonnenuntergang am FlussMit Jeremy speiste ich nicht nur im OM, sondern entdeckte auch Australiens älteste öffentliche Bibliothek, die wunderbare State Bibliothek Victoria, die seit unserem abendlichen Spaziergang durch die alten Gemäuer zu meiner absoluten Lieblingsbibliothek gehört! Denn die wunderbaren Gemäuer bezaubern nicht nur durch Architektur und Design, allen voran dem wundervollen La Trobe Lesesaal, sondern die Bibliothek steht auch Exempel für Melbournes friedliches soziales Beisammensein! Ob Studenten, die in den Innenräumen zum Lernen und für Besprechungen zusammen kommen oder vor der Bibliothek das kostenlose WLAN nutzen oder aber die vielen älteren Herren, die den gesamten Tag in der Bibliothek Karten spielen oder das riesige Feld vor der Bibliothek nutzen um junge Asiatinnen in die Schachkunst einzuweihen, – sie alle machen die „turbulente Ruhe“ der Bibliotheksoase aus. Der tägliche Aufenthalt in der Viktoria Bibliothek wurde neben der alltäglichen Speisung im OM und meinem morgendlichen Yarra-Jogging zu meinem dritten Melbourne-Ritual!

La Trobe LesesaalIch bin mir relativ sicher, dass es mir im kosmopolitischen Melbourne mit seinen vielen hübschen verwinkelten Gassen und Arkaden, nicht schwer gefallen wäre, noch weitere Rituale zu finden, wäre ich nur noch ein kleines bisschen länger in dieser sympathischen Stadt geblieben … Melbourne hat mich wirklich überrascht!

Einzig das Wetter Melbournes – jener Stadt, die vom „The Economist“ zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wurde – hat mich nicht überzeugt! Und ja, da kann sich Melbourne mit seiner gemäßigten Klimazone noch so sehr ins Zeugt legen, egal wie der ewige Konkurrenzkampf mit der Rivalin Sydney ausgeht, in puncto Wetter wird Sydney, mit rund 236 Sonnentagen im Jahr, den schlappen 185 Sonnentagen Melbournes wohl auf ewig voraus sein!

Melbourne am Abend

Kurz & knapp: Meine Melbourne Highlights!

  • City Circle Tram: Am schönsten fährt es sich in Melbourne mit der historischen „Tram“ Nr. 35 (City Circle – Free Tourist Tram von etwa 9:30 Uhr bis 21 Uhr im 12 Minuten Takt ). Die Straßenbahn fährt in beide Richtungen um das Stadtzentrum, und hält an allen wichtigen Highlights der Innenstadt.
  • Free Walking Tour: Das sind oft lokale Studenten, die einen mit Herz und Witz durch Melbourne führen und eine gute Mischung zwischen den klassischen Sehenswürdigkeiten und Insidertipps bieten. I´m free bietet 2x Touren am Tag zwischen 2,5-3 Stunden und die Bezahlung ist ein Trinkgeld nach eigenem Ermessen (Seid fair! : )
  • State Library of Victoria: Die 1854 im viktorianischen Stil erbaute Bibliothek bietet nicht nur freies WLAN, sondern auch kostenlose Bibliothekstouren bzw. „Guided Tours“ durch die verschiedenen wechselnden Ausstellungen der Bibliothek. Tipp: Unbedingt einen Blick in den faszinierenden „La Trobe Reading Room“ werfen!
  • St Kilda: Ob ein Besuch der Pinguinkolonie, ein Kaffee im Pier-Pavillon oder eine Fahrt im Luna Park – ein Abstecher in den Stadtteil an der See lohnt!
  • Royal Botanic Gardens Melbourne: Diese traumhafte grüne Oase südlich des Yarra Flusses beherbergt 8.500 verschiedene Pflanzen aus der ganzen Welt und hält märchenhafte Seen versteckt – hier lässt sich bestens entschleunigen.
  • Federation Square: Dieser Ort ist das „Herz“ Melbournes und hier findet ihr kostenloses WLAN und eine Touristen-Information! Rund um den geselligen Federation Square gibt’s natürlich auch verschiedene Cafés und Restaurants sowie Museen und Kunstinstallationen.
  • Queen-Victoria-Markt: Dieser historische Open Air Markt ist der größte der Südhalbkugel und bietet frischeste Lebensmittel, internationale Köstlichkeiten und jede Menge spontanes Entertainment. An den etwa 600 Ständen werden frische Erzeugnisse, diverse Bio-Produkte und delikate Gourmet-Lebensmittel verkauft.
  • The Block Arcade: Es lohnt mit einem leckeren flat white in der Hand durch diese ikonische Galerie im Mailänder Stil zu schlendern und die Überbleibsel des Goldrausches der 1850er-60er Jahre auf sich wirken zu lassen!am FlussEure Antje

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